Der große Irrtum

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Hinweis auf Aktuelles 2009:

 

   

Am 22.12.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Kommentar im BTB-Magazin 12/2009 zum Beitrag "Verzerrte Berichterstattung in Frontal 21" im Tacheles 10/2009   (siehe: Button: Presse)

(Ein von den Startgutschriftkürzungen betroffenes Gewerkschaftsmitglied der Gewerkschaft „Technik und Naturwissenschaft“ (BTB) in der dbb tu äußerst sich erstaunt über eine Kommentierung der Gewerkschaftszeitung „tacheles“ bezüglich des Fernsehbeitrags in Frontal 21 vom 25.08.2009. Die Abschrift des Kommentars befindet sich am Ende der Pressebeiträge zur Frontal 21 Berichterstattung.)

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Am 05.12.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Zu einigen Verfassungsproblemen bei Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst            (siehe: Button: Presse)

(kommentierte Auszüge eines Artikels aus 2003 von zwei renommierten Arbeitsrechtlern (U.Preis, F. Temming))

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Am 03.12.2009 auf der Homepage eingestellt:

 

Es fällt nun  selbst den Wirtschaftsjournalisten auf:

 

Zusatzversorgung: Die VBL rechnet sich schön

 

Diese Headline würdigt am 01.12.2009 im  VI-Report 28/2009  http://www.performance-online.de/artikel.php?THEMA=1&ID=1275097523 kritisch  einen Beitrag des Präsidenten Thiel (VBL) auf einer Tagung der Versicherungswirtschaft: Euroforum Jahrestagung 2009 „Zusatzversorgung“ am 17./18. November 2009 in Berlin. Dort hatten natürlich Argumente der Gewerkschaften und auch von VBL-Versicherten nichts zu suchen. Auch das Stichwort Pflichtversicherung/Startgutschrift war vermutlich kaum vorhanden, siehe

Euroforum Tagungsprogramm:  http://www.mercer.de/referencecontent.htm?idContent=1320790#2

Euroforum  Pressemitteilung:     http://www.euroforum.de/data/presse/1658.pdf

 

Es ist immer wieder bemerkenswert: Die VBL verhält sich als stets der Umgebung anpassendes Chamäleon.

 

Man redet „schön“ über die freiwillige VBL - Versicherung, man redet „schlecht“ und „verzweifelt“ über die VBL - Pflichtversicherung (Klassik). Vom eigentlichen Tagungsthema "Zusatzversorgung" wird nur allzu gern abgelenkt und von dem für die VBL und die öffentlichen Arbeitgeber so ärgerlichen Streit um die Startgutschriften sowieso.

 

Nur: Das farbliche Wechselspiel der VBL wird inzwischen von Journalisten, Experten und betroffenen Versicherten durchschaut.

 

Hinweis:

 

Der bevorstehende VBL-Geschäftsbericht 2008 wird aller Voraussicht nach die laufende Kapitalverzinsung von über 7 Prozent im Krisenjahr 2008  relativieren müssen, da der Bericht wahrscheinlich wohl auch die gleichzeitig höheren Abschreibungen auf Kapitalanlagen in Betracht ziehen muss. Das ist ein Punkt über den dann Anfang des Jahres 2010 in dem von der Startgutschriften-Arge erstellten „Zusatzversorgungsbericht 2010“ berichtet werden könnte.

 

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Am 14.11.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Standpunkt: "Pro und Contra Paragraf 18 Betriebsrentengesetz (BetrAVG)"                                                (siehe: Button Standpunkte)  

Der 14.11.2009 ein Gedenktag?

 

Am 14.11.2009 kann die Startgutschriften-Arbeitsgemeinschaft auf drei markante Tage zurückdenken - den 14.11. vor 8 Jahren (Pressemitteilung über die Reform der Zusatzversorgung), den 14.11. vor 2 Jahren (Urteil des Bundesgerichtshofes zu den Startgutschriften der Rentenfernen) und den 14.11. vor einem Jahr (Start der Startgutschriften-Arge mit dieser Homepage).

 

Am 14.11.2009 wird nun der Standpunkt "Pro und Contra Paragraf 18" veröffentlicht. Wir gehen zurück zum Ausgangspunkt des Streits und beleuchten in diesem Standpunkt die Sonderregelung von § 18 des Betriebsrentengesetzes für im Jahr 2001 oder vorher aus dem öffentlichen Dienst ausgeschiedene Arbeitnehmer, also auch für die Jahrgänge 1946 oder früher. Wer weiß: Wenn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Paragrafen 18 und den rentenfernen Startgutschriften vorliegt, wird sich die Startgutschriften-Arge wohl auch noch mit den Startgutschriften der Rentennahen (bis Jahrgang 1946) beschäftigen. Erst wenn alle Unklarheiten rund um die Startgutschriften beseitigt sind, ist die Arbeit getan. Ob das schon in 2010 oder erst in 2015 sein wird, wissen die Entscheidungsträger sicherlich auch nicht. Es gibt also noch was zu tun.

am 01.11.2009 auf der Homepage (unter Button: Presse /Frontal 21 Berichterstattung) eingestellt:

 

Statements aus der aktuellen Bundestarifkommission (BTK) vom 16.09.2009 der dbb-tarifunion zum weiteren Verhalten der Gewerkschaft in Sachen Zusatzversorgung  bzw. ein Kurz-Statement  zur ZDF - Frontal21 - Sendung am 25.08.2009

am 27.und 28.10.2009 auf der Homepage (unter Button: Presse /Frontal 21 Berichterstattung) eingestellt:

 

Weiterer sehr bemerkenswerter(?!)  Pressekommentar zur ZDF - Frontal21 - Sendung am 25.08.2009

  • Gewerkschaftszeitung der dbb-tarifunion "tacheles", Nr. 10, Oktober 2009; Seite 10                                  (siehe: Button Presse)  

(Das ist eine Stellungnahme von Seiten der Gewerkschaft dbb-tarifunion, wie man sie kaum von einer Institution erwartet hätte, die doch eigentlich Arbeitnehmer- / Betroffenen-Interessen wahrnehmen sollte. Die Stellungnahme wäre wohl eher von Seiten der Arbeitgeber zu erwarten gewesen. Lesen Sie bitte selbst!)

  • Kritische Würdigung des Beitrags in dbb-tarifunion "tacheles", Nr. 10, Oktober 2009; Seite 10                   (siehe: Button Presse)  

Am 23.10.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Standpunkt: Bundesverfassungsgericht entscheidet gegen die VBL (§ 38 VBLS ist ungültig)"                    (siehe: Button Standpunkte)  

am 30.09.2009 auf der Homepage eingestellt:

am 24.09.2009 auf der Homepage eingestellt:

 

Weitere Pressekommentare zur ZDF - Frontal21 - Sendung am 25.08.2009

  • Standpunkt 34/2009 vom 31.08.2009 der deutschen Polizeigewerkschaft                                                   (siehe: Button Presse)  
  • BRH-Aktuell 33/2009 vom 07.09.2009                                                                                                           (siehe: Button Presse)

am 20.09.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Standpunkt: "Verdi im Abseits oder: Womit haben die Betroffenen das verdi-ent?"                                   (siehe: Button Standpunkte)  
  • Standpunkt: "Altes aus der Anstalt: Der lange Arm der VBL"                                                                      (siehe: Button Standpunkte)  

am 17.09.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Standpunkt: "Neues aus der Anstalt – ist die VBL keine Behörde?"
  • Standpunkt: "Bundesministerium des Innern als Regisseur der Rentenkürzungen in der Zusatzversorgung?"

(siehe: Button Standpunkte)  

am 04.09.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Essay: "Akteure rund um den § 18"                                                                                                               (siehe: Button Essays)

am 29.08.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Reaktion der Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung (AKA) (deren Rundschreiben Nr. 81/2009 - ZVK vom 26.08.09) auf den Fernsehbeitrag in ZDF Frontal21 vom 25.08.2009: "Rentenkürzung: Betrogen und  enteignet"                    (siehe: Button Presse)
  • Unsere Reaktion auf die AKA - Bemerkungen zum Frontal21 - Beitrag                                                            (siehe: Button Presse)
  • Anschreiben an Multiplikatoren (Gerichte, Tarifparteien, Fernsehen, Betroffene) zur kritischen Würdigung der AKA-Bemerkungen                            (siehe: Button Presse)
  • Würdigung von AKA-Argumenten (zu einer Stellungnahme der AKA bzgl. einer Verfassungsbeschwerde, die in Frontal21 angesprochen wurde)     siehe: Button Presse)

am 27.08.2009 auf der Homepage eingestellt:

  • Fernsehbeitrag in ZDF Frontal21 vom 25.08.2009: "Rentenkürzung: Betrogen und enteignet"                     (siehe: Button Presse)
  • Manuskript zur Sendung                                                                                                                                 (siehe: Button Presse)

am 08.05.2009 auf der Homepage eingestellt

  • Standpunkt: "Handreichung Tarifgespräche Zusatzversorgung"                                                          (siehe: Button Standpunkte)

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Die Irrtümer von BGH, VBL und Tarifparteien

Den Kleinen nimmt man, den Großen gibt man noch mehr

 

 

Das Modell der betrieblichen Altersversorgung für die Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst war bis Ende 2001 ein sogenanntes Gesamtversorgungssystem, in dem die Höhe der betrieblichen Versorgungsrente abhängig war von der Höhe der gesetzlichen Rente. Die Betriebsrente war umso höher, je niedriger die gesetzliche Rente festgelegt wurde (und umgekehrt). Die nicht beamteten Beschäftigten im Öffentlichen Dienst sollten,  der ursprünglichen Idee von 1967 folgend, versorgungstechnisch so behandelt werden, als ob sie Beamtin/Beamter gewesen wären. Die Höhe der Versorgungs- bzw. Zusatzrente wurde gebildet aus der Differenz zwischen der persönlichen Gesamtversorgung und der gesetzlichen Rente (der sogenannten Grundversorgung). Dieses hochkomplexe alte Gesamtversorgungssystem wurde Ende 2001 aus inhaltlichen und verfassungsrechtlichen Gründen geschlossen. Seit dem 01.01.2002 gilt die neue Betriebsrente des Öffentlichen Dienstes nach dem Punktemodell.

 

Für den Übergang vom alten ins neue System sind dazu Übergangsregelungen geschaffen worden. Dabei wird unterschieden zwischen rentenfernen (geboren ab 1947) und rentennahen Jahrgängen (geboren bis einschließlich 1946). Der Übergang ins neue System ist den Grundsätzen der bisherigen Gesamtversorgung nachgebildet (siehe z.B. H. Lassner, „Startgutschrift: Der Übergang ins neue System“, Der Personalrat 12/2003, Seite 484 - 494).

 

Gegen diese Übergangsregelungen (also die „Startgutschriften“ als Rentenanwartschaften zum 31.12.2001) haben Tausende von Betroffenen Einspruch eingelegt. Einige hundert Personen haben vor den Zivilgerichten geklagt, bis schließlich die angegriffenen Übergangsregelungen vom obersten Zivilgericht der Bundesrepublik, dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe,  am 14.11.2007 in einem Pilotverfahren BGH-Urteil vom 14.11.2007 (BGH Az. IV ZR 74/06) wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz laut Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz zumindest für die rentenfernen Jahrgänge gekippt und damit für unverbindlich erklärt wurden.   

Gegen ein vergleichbares BGH-Urteil wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 1 BvR 1373/08). Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde im Juli 2008 angenommen und den zuständigen Stellen  (u.a. Bundeskanzleramt, Bundesjustizministerium, Länderregierungen, Tarifparteien) zur schriftlichen Stellungnahme bis zum 15.9.2008 übersandt. Die Stellungnahmen von Bundesministerium des Innern (BMI), Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts (BAG), Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) und Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung (AKA) liegen uns im Wortlaut vor. Sie belegen, dass keine zuständige Stelle, die eine Stellungnahme abgegeben hat, weitere Verfassungsverstöße sieht, die über den vom BGH am 14.11.2007 monierten kleinen Verstoß hinausgehen.

 

Zur Klarstellung einiger klassischer großer Rentenirrtümer und -vorurteile

 

1. Irrtum: Nicht-beamtete Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind im Alter finanziell ebenso gut versorgt wie Beamte.

 

Richtig: Beamte bekommen nach 40 Dienstjahren eine Pension in Höhe von rund 73 % des letzten Bruttogehalts. Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst erhalten nach 40 Pflichtversicherungsjahren aber nur eine gesetzliche Rente von höchstens 43 % *)  des letzten Bruttogehalts sowie eine Zusatzrente von rund 16 %, dies sind zusammen also 59 % des letzten Bruttogehalts und wesentlich weniger als die Pension eines Beamten.

 

*) Bei 40 Beitragsjahren wird die gesetzliche Rente eines Durchschnittsverdieners mit aktuell monatlich 2.500 Euro und einem aktuellen Rentenwert von 26,56 Euro wie folgt ermittelt:

 

26,56 x 40 x 100/2.500 = 42,5 %, aufgerundet auf 43 %. Diese 43 % des letzten Bruttogehalts kommen auch bei geringeren oder höheren Verdiensten heraus. Ausnahme: Bei Verdiensten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung sinkt diese sog. Bruttorentenquote weiter. Das in der Öffentlichkeit immer wieder genannte sog. Bruttorentenniveau von aktuell 48 % bezieht sich nur auf den Eck- bzw. Standardrentner mit 45 Beitragsjahren und Durchschnittsverdienst, also: 26,56 x 45 x 100/2.500 = 47,8 %.  

 

2. Irrtum: Die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst sind überversorgt, da die beiden Nettorenten (gesetzliche Rente und Zusatzrente) zusammen über dem letzten Nettogehalt liegen.

 

Richtig: Eine Überversorgung war nur bis Ende 1984 möglich. Damals bekamen die Arbeitnehmer bis zu 75 % ihres Bruttogehalts als gesetzliche Rente und Zusatzrente. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Steuern fielen bis Ende 1982 nicht an. Wenn das Nettogehalt unter diesem Satz von 75 % des Bruttogehalts lag, konnten die Nettorenten zusammen tatsächlich darüber liegen. Spätestens ab 1985 ist das völlig unmöglich.

 

3. Irrtum: Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst bekommen nach 40 Pflichtversicherungsjahren 91,75 % ihres letzten Nettogehalts als Gesamtrente, also gesetzliche Rente plus Zusatzrente.

 

Richtig: Das war nur bis Ende 2001 möglich. Bei vielen geistert dieser Satz immer noch in den Köpfen herum. Tatsächlich liegen die Nettobeträge von gesetzlicher Rente und Zusatzrente heute deutlich unter 80 % des letzten Nettogehalts. Verdi-Chef Frank Bsirske nennt immer noch einen Satz von 90 %, den es so nie gab und in Zukunft auch nie geben wird.

 

4. Irrtum: Die Zusatzrente für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist höher als die Betriebsrente für Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft. Für diese Zusatzrente kommt allein der Staat auf.

 

Richtig:  Nach der im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Deutschen Rentenversicherung (DRV) erstellten AVID-Studie 2005 lag die Zusatzrente im Durchschnitt bei 400 Euro brutto und damit 13 Prozent unter der durchschnittlichen Betriebsrente von 455 Euro. Bei den Jahrgängen 1947-1951 sinkt die Zusatzrente gegenüber den Jahrgängen 1942-1946 noch einmal drastisch um 25 % auf nur noch rund 300 Euro brutto. An der Finanzierung der Zusatzrente beteiligen sich die Arbeitnehmer mit eigenen Beiträgen von 1,25 %  (1.1.1999 bis 31.12.2001) bzw. 1,41 % des Bruttogehalts ab 1.1.2002.

 

5. Irrtum: Für die Rentenanwartschaften per 31.12.2001 gibt es einen Besitzstands- bzw. Vertrauensschutz. Es geht also nichts verloren.

 

Richtig: Die Rentenanwartschaften sinken insbes. für alleinstehende Rentenferne (ab Jahrgang 1947) drastisch. Die früheren Garantierenten werden teilweise halbiert. Vor allem den alleinstehenden Normalverdienern geht sehr viel an Zusatzrente verloren. Es gilt der Grundsatz: „Den Kleinen nimmt man, den Großen gibt man“.

 

 

Die Geschichte der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst ist zumindest bis Ende 2001 eine Geschichte von Missverständnissen, Halbwahrheiten und großen Irrtümern. Kein anderes Alterssicherungssystem war so kompliziert, unsystematisch, undurchsichtig und ungerecht. Erst das ab 2002 geltende neue Punktemodell ist beitrags- und leistungsgerecht. Da aber die meist viel zu niedrigen Rentenanwartschaften zum 31.12.2001 (sog. Startgutschriften) festgeschrieben und in das neue Punktemodell transferiert wurden, tappen viele Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes in eine von Gesetzgeber, Tarifparteien, Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) aufgestellte und vom Bundesgerichtshof (BGH) weitgehendst abgesegnete Rentenfalle. Der große Irrtum über eine faire Höhe der Rentenanwartschaften bleibt auf Seiten der Entscheidungsträger bis heute bestehen. Von dem fatalen Irrtum sind fast 5 Millionen rentenferne Pflichtversicherte (ab Jahrgang 1947) unmittelbar betroffen. Dies wird im Folgenden belegt.

 

1. Fatale Irrtümer und mögliches Versagen der Entscheidungsträger

 

Der BGH wimmelt die Kernkritik (siehe Drei Offene Briefe zur Garantierente, zum Rentenzuschlag in besonderen Härtefällen und zur Dynamisierung der Startgutschriften) mit fadenscheinigen juristischen Argumenten ab.  Angeblich sei die frühere Garantierente (sog. Mindestversorgungsrente) laut BVerfG-Urteil vom 15.7.1998 (Az. 1 BvR 1554/89) weggefallen, was aber der Urteilsbegründung so gar nicht entnommen werden kann. Wegen des Festschreibungseffekts bzw. der sog. Veränderungssperre könne es nur auf den Familienstand am Bewertungsstichtag 31.12.2001 ankommen. Eine Dynamisierung der Startgutschriften sei bereits über die Bonuspunkte gegeben, was angesichts eines extrem mageren Plus von 0,04 % p.a. bzw. 17 Cent p.a. bei einer angenommenen Startgutschrift von 400 € nicht nachvollziehbar ist.  Die Behauptungen des BGH sind nicht plausibel und erweisen sich aus Sicht der Betroffenen als folgenschwerer Irrtum.

 

Statt sich der Kernkritik in über 200 Revisionsverfahren zu stellen, bemängelt der BGH nur den zu niedrigen Anteilssatz von 2,25 % p.a. und schlägt den Tarifparteien eine Überprüfung der Näherungsrente vor. Dies sind jedoch nur eher unbedeutende Randpunkte. Der BGH übersieht zudem völlig, dass eine Erhöhung des Anteilssatzes und eine evtl. Überprüfung der Näherungsrente  den  alleinstehenden Normalverdienern als Hauptverlierern der Startgutschrift nicht einen Cent mehr einbringt.

Ganz offensichtlich haben sich die Richter am BGH bei ihrer minimalen Randkritik von einer vorsorglichen Stellungnahme des Bundesarbeitsgerichts vom 14.4.2003 zum neuen § 18 Betriebsrentengesetz leiten lassen, ohne dies im BGH-Urteil ausdrücklich zu vermerken. In dieser Stellungnahme des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts unter Vorsitz von Dr. Gerhard Reinecke zu einer Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1700/02 heißt es unverblümt auf Seite 9: „Der gewählte Prozentsatz erscheint dem Dritten Senat verfassungsrechtlich bedenklich“. Auf Seite 11 dieser vorsorglichen Stellungnahme steht schon verklausuliert, wie die Erhöhung des jährlichen Anteilssatzes durch die Tarifparteien oder den Gesetzgeber zu erfolgen hat: Weniger problematisch erscheint es, dass der Gesetzgeber auf den Durchschnittswert abstellt, den die betriebstreuen Arbeitnehmer aufweisen, die den Höchstversorgungssatz erreichen. Auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich nach dem neu gefassten § 18 Abs. 1 Nr. 1 die Vollleistung generell nach dem höchstmöglichen Versorgungssatz bestimmt. Der bei der maßgebenden Personengruppe zu verzeichnende Durchschnitt der Pflichtversicherungsjahre lässt sich allerdings den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen“.

Dies bedeutet im Klartext: Da Rentenferne ab Jahrgang 1947 den sog. Höchstversorgungssatz von 91,75 Prozent erst nach 40 Pflichtversicherungsjahren erreichen, kann der gewählte neue Anteilssatz nicht über 2,5 Prozent pro Jahr (= 100 dividiert durch 40 Jahre) hinausgehen. Die VBL wird sicherlich ausreichend Material vorlegen, um zu beweisen, dass der Durchschnitt der Pflichtversicherungsjahre bei den Rentenfernen mit Höchstversorgungssatz über 40 Jahre hinausgeht. Bei durchschnittlich 42 Pflichtversicherungsjahren wäre der jährliche Anteilssatz beispielsweise nur 2,38 Prozent (= 100 dividiert durch 42 Jahre). Möglicherweise einigen sich die Tarifparteien bei der geplanten Neuregelung nach entsprechender Vorgabe der VBL genau auf die Erhöhung des Anteilssatzes von bisher 2,25 auf 2,38 Prozent.

Es ist ein aber ein Irrtum zu glauben, eine bloße Erhöhung des jährlichen Anteilssatzes von 2,25 auf 2,38 oder maximal 2,5 Prozent würde zu einer höheren Startgutschrift führen. Richtig ist vielmehr: Mindestens ein Fünftel der Rentenfernen (alleinstehende Normal- und Höherverdiener mit Einkommen bis zu 4.000 Euro) hat nichts von einer Erhöhung des Anteilssatzes, da deren bisherige Startgutschrift deutlich dem Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG (Gesetz zur Regelung der betrieblieblichen Altersversorgung) liegt (siehe Studie „Rentenkürzungen bei der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst“  und Essay „Irrwege des BGH“). Steigt der Anteilssatz beispielsweise von 2,25 auf 2,5 Prozent, steigt zwar der Formelbetrag um 11,1 Prozent. Bei jedem fünften Rentenfernen wirkt sich der erhöhte Formelbetrag aber gar nicht auf die bisherige Startgutschrift aus, die in ihren Fällen nach der sog. Mindestrente gem. § 18 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG bzw. der sog. Mindeststartgutschrift gem. § 37 Abs. 3 VBLS n.F. bestimmt wird.

 

Norbert Wein, Leiter der Abteilung Recht und Grundsatz in der VBL, favorisiert in einem Aufsatz die Erhöhung des Anteilssatzes und lehnt die anderen Vorschläge des BGH als problematisch ab (siehe „Die Rechtsprechung des BGH zu den Startgutschriften“, in: Betriebliche Altersversorgung 5/2008, Seite 455). Wein meint: Dieser Weg hätte den Vorteil, dass die Berechnungsformel im Übrigen weitgehend unberührt gelassen werden könnte. Begünstigen würde dieser Weg auch die rentenfernen Versicherten ohne längere Ausbildungszeiten, deren Startgutschriften nach § 18 BetrAVG berechnet wurde, also auch diejenigen, die von dem gerügten Verfassungsverstoß an sich gar nicht betroffen sind“.

 

Herr Wein vergisst zu erwähnen, daß gerade die alleinstehenden Normal- und Höherverdiener mit einem Einkommen bis 4.000 Euro werden nicht begünstigt werden, da deren Startgutschrift gar nicht vom Formelbetrag nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG abgeleitet wird.

 

Matthias Konrad, Referent für Satzungsfragen bei der VBL, schießt ins gleiche Horn mit seinem Plädoyer für die Erhöhung des Anteilssatzes (siehe „Reform der Zusatzversorgung – Ende des Streits um die Startgutschriften in Sicht?“, in: Zeitschrift für Tarif- und Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes, ZTR, 6/2008, Seite 302): Auf diesem Weg könnte man den festgestellten Systembruch bei der Höhe des Versorgungssatzes beseitigen. Ob dies über eine generelle Änderung des Versorgungssatzes geschehen könnte oder auch differenziertere Lösungen denkbar wären, um zu einer sachgerechten und verfassungsgemäßen Neuregelung zu kommen, steht zur Prüfung der Tarifvertragsparteien“. Konrad schließt nicht aus, dass Rentenferne dabei in die Röhre schauen: „Der BGH-Entscheidung kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass alle rentenfernen Versicherten eine höhere Startgutschrift erhalten müssten“ (ebenda).

 

Schon im Jahr 2001 hat es die VBL geschafft, Einfluss auf die Entscheidungen der Tarifparteien zu nehmen und dabei den Fallenstellerparagrafen 18 des Betriebsrentengesetzes als Berechnungsgrundlage für die Startgutschriften bei den Rentenfernen zu empfehlen. Eine Expertengruppe der Tarifparteien wird vom OLG Karlsruhe mit deren untereinander abgestimmten Stellungnahme vom Juli 2001 zitiert:

 

„Aus den von den Gewerkschaften im Jahre 2001 während der laufenden Tarifverhandlungen erstellten Papieren ist zu entnehmen, dass dem Besitzstandsschutz rentenferner Pflichtversicherter keine gesteigerte Bedeutung zugemessen wurde. Das Augenmerk lag lediglich darauf, dass „der Vertrauensschutz für die Versorgungsrentner / - innen und die rentennahen Jahrgänge sichergestellt ist“. Im Arbeitspapier der gemeinsamen Expertengruppe wurde im Hinblick auf den Besitzstandsschutz Rentenferner ohne nähere Überprüfung schlicht der „Hinweis“ der Beklagten (hier ist die VBL gemeint)  zugrunde gelegt, „dies erfolge über eine Wertberechnung entsprechend BetrAVG“, wobei – entsprechend dem von der Beklagten nachdrücklich vertretenen Rechtsstandpunkt – nicht zweifelhaft ist, dass hiermit die für den öffentlichen Dienst geltende Regelung des § 18 Abs. 2 BetrAVG gemeint war. Lediglich für rentennahe Jahrgänge wurde eine „besondere Schutzwürdigkeit angenommen“.  (siehe Urteil des OLG Karlsruhe vom 24.11.2005, Az. 12 U 102/04, Seite 66).

 

Es wäre fatal, wenn die Tarifparteien bei ihren Verhandlungen zur Neuregelung der Startgutschriften für Rentenferne, die im Dezember 2008 beginnen,  ein zweites Mal den Hinweisen der VBL (hier von Wein und Konrad) folgen würden. Auf diese Weise könnte die VBL den Tarifparteien erneut ihren Willen aufzwingen. Der fatale Irrtum einer bloßen Erhöhung des Anteilssatzes von 2,25 auf beispielsweise 2,5 Prozent würde damit gleichsam zementiert. Die negativen Folgen müssten die massiv betroffenen Rentenfernen tragen, die keinen Cent mehr an Startgutschrift bekämen, obwohl sie schon jetzt als Hauptverlierer des Fallenstellerparagrafen 18 des Betriebsrentengesetzes gelten.

 

Das mögliche Versagen von BGH, VBL und Tarifparteien wäre damit perfekt. Die betroffenen Rentenfernen würden eine erneute Klagewelle einläuten, die Herr Konrad von der VBL im Übrigen schon jetzt voraussagt: Auch eine Neuregelung der Übergangsregelungen für die rentenfernen Jahrgänge wird wiederum gerichtlich überprüft werden und den Instanzenweg durchlaufen“ (siehe wie oben in: ZTR 6/2008, Seite 303). Fürwahr tolle Aussichten für die betroffenen Rentenfernen, die sich dann erneut mit den Irrtümern der Tarifparteien auseinandersetzen und dann noch jahrelang  prozessieren müssten.

 

2. Wachsende Schlechterstellung und Ungleichbehandlung

 

Sollten die Tarifparteien lediglich die pauschale Erhöhung des jährlichen Anteilssatzes auf 2,38 oder 2,5 Prozent beschließen, würde dies die These „Den Kleinen nimmt man, den Großen gibt man noch mehr“ erhärten. Dazu folgendes Fallbeispiel für Rentenferne mit einem monatlichen Einkommen von 3.000 bzw. 6.000 Euro in 2001 und insgesamt 30 Pflichtversicherungsjahren bis Ende 2001 (alleinstehend oder verheiratet):

 

Der alleinstehende Normalverdiener mit 3.000 Euro bleibt auf seiner niedrigen Startgutschrift von 221 Euro sitzen, da sich der höhere Anteilssatz bei ihm nicht auswirkt.  Diese 221 Euro liegen 39 Prozent unter der früheren Garantierente bzw. der Rentenanwartschaft nach dem alten § 18 BetrAVG für aus dem öffentlichen Dienst ausgeschiedene Beschäftigte. Also gilt: Den Kleinen nimmt man!

 

Ein verheirateter Spitzenverdiener mit 6.000 Euro kann sich jedoch ins Fäustchen lachen. Seine bisherige Startgutschrift bei einer Erhöhung des Anteilssatzes auf 2,5 Prozent steigt um mehr als 11 Prozent auf 1.346 Euro und damit das Sechsfache (!) der Startgutschrift des alleinstehenden Normalverdieners, obwohl er „nur“ das Doppelte verdient. Den Großen gibt man also noch mehr!

 

Die jetzt schon bestehende Schlechterstellung der bisherigen Verlierer (alleinstehende Normal- und Höherverdiener) gegenüber den Gewinnern (verheiratete Spitzenverdiener) wird noch größer, die „Intra-Differenz“ innerhalb der Gruppe der Rentenfernen wächst weiter.

 

Gegenüber den Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft mit Rentenanwartschaften nach § 2 BetrAVG beim Ausscheiden aus dem Betrieb bleibt die Ungleichbehandlung weiter bestehen. Die hohe „Inter-Differenz“ zwischen den Beschäftigten im öffentlichen Dienst (hier alleinstehende Normal- und Höherverdiener) und den Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft bleibt also gleich und wird nicht um einen Cent abgebaut.

 

Fazit: Wachsende Schlechterstellung innerhalb der Rentenfernen und weiter bestehende Ungleichbehandlung gegenüber den Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft würden gleichsam von den Tarifparteien sanktioniert!

 

3. Fehlende Rentengerechtigkeit und wachsende Gerechtigkeitslücke

 

In keinem anderen Alterssicherungssystem besteht eine solche Rentenungerechtigkeit wie bei den Startgutschriften. Die Schere zwischen Verlierern und Gewinnern der Startgutschrift öffnet sich immer mehr, die Gerechtigkeitslücke nimmt zu. Die minimale Korrektur des Anteilssatzes führt zu einer maximalen Schlechterstellung und Ungleichbehandlung der alleinstehenden Normal- und Höherverdiener gegenüber den verheirateten Spitzenverdienern unter den Rentenfernen und gegenüber den Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft.

 

Mit dem Sozialstaat und der Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft ist eine derartige extreme Rentenungerechtigkeit unvereinbar.

 

Letztlich bestehen  auch erhebliche ethisch-moralische Bedenken gegen eine solche soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Eine Entscheidung gegen die berechtigten Interessen der betroffenen rentenfernen Versicherten wäre unsozial und unmoralisch. Von einer aus „Versehen“ getroffenen Entscheidung zugunsten einer bloßen pauschalen Erhöhung des Anteilssatzes könnte auch keine Rede sein, da den Tarifparteien die fatalen Konsequenzen einer solchen Entscheidung spätestens seit Übersendung der Studie „Rentenkürzungen in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes“ im April 2008 bekannt sind.

 

Den massiv betroffenen Rentenfernen bleibt die Hoffnung, dass es zu einer solchen Entscheidung letztlich gar nicht kommt. Um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen und den Rechtsfrieden zu wahren, sollten die Tarifparteien eine faire, sachgerechte und verfassungsgemäße Neuregelung der Startgutschriften für Rentenferne beschließen, die diesen Namen auch wirklich verdient.

 

 

 

 



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